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"Wie heißen Sie?" und "Mein Name ist..." sind in fast allen Sprachkursen die ersten Sätze, die man lernt. Und nur selten werden die Sätze Wort für Wort übersetzt. "Was heißt du?" fragen die Dänen und "Wie Sie heißen?" möchten Russen wissen. Die Franzosen antworten mit "Ich mich rufe..." Und die deutschen Gehörlosen?

dein"Dein Name was?" fragt man in Gebärdensprache. Also nicht "Du", sondern die besitzanzeigende Form "Dein". Dazu zeigt die Handfläche der ausgestreckten Hand zum Gesprächspartner und wird ein Stück in seine Richtung bewegt. Mit dem Mund formen Sie das Wort "Dein". Wie im Englischen unterscheidet man in der Gebärdensprache nicht zwischen "Du" und "Sie". Falls Sie aber Briefe, Faxe oder E-Mails mit Gehörlosen austauschen, schreiben Sie diese in Deutsch - dann sollten Sie das höflichere "Sie" wählen.
NameBei der Gebärde für "Name" haben Sie die Wahl zwischen zwei verschiedenen Varianten. In der DGS gibt es nämlich wie im Deutschen unterschiedliche Dialekte. Einsteiger in die Gebärdensprache stöhnen oft darüber, doch keine Angst: Es ist halb so schlimm. Erstens schnappen Sie die einzelnen Versionen mit der Zeit nebenbei auf. NameUnd zweitens gibt es nur für einzelne Gebärden verschiedene Dialekte. Vor allem die Wochentage, Monatsnamen und Farben werden regional unterschiedlich gebärdet. Das meiste ist jedoch überall gleich - egal, wo sie in Deutschland hinkommen.
Für "Name" können Sie also eine Faust mit abgespreiztem Daumen machen und damit vor der Stirn entlangziehen. Oder Sie streifen mit Mittel- und Zeigefinger zweimal an der Wange von oben nach unten. Das Mundbild sollte in beiden Fällen "Name" sein.

wasDas Fragewort "Was?" wird mit offenen Händen mit abgespreizten Fingern gebärdet. Die Handflächen zeigen nach oben. Beide Hände schwingen Sie ein bisschen seitlich hin und her. Der Mund bildet "Was" und die Mimik? Richtig: Sie ziehen die Augenbrauen hoch und öffnen die Augen weit, es ist ja eine Frage.




Wenn Sie jemandem nach dem Namen fragen, sollten Sie damit rechnen, auch selber antworten zu müssen. "Mein Name..." wäre passend. "Mein" ist so ähnlich wie "Dein", allerdings zeigt die Handfläche diesmal auf Sie selbst, und Sie ziehen die Hand bis auf Ihre Brust an sich heran. Das Mundbild ist "Mein". Für "Name" wählen Sie sich eine der beiden Varianten aus, die oben beschrieben wurden. An die Stelle der drei Punkte kommt nun Ihr Name. Den müssen Sie im Fingeralphabet buchstabieren.
mein name ist C-L-A-U-D-I-A
Machen Sie es ruhig langsam. Und üben Sie das! Ihren Namen werden Sie immer wieder "fingern" müssen.
mein name ist O-L-A-F

Den Namen jedes Mal zu buchstabieren, ist umständlich und hemmt Gespräche. Deshalb werden Ihnen Gehörlose früher oder später eine Namensgebärde geben, oder Sie suchen sich selber eine aus. Die Namensgebärde sollte irgendetwas Typisches für Sie zeigen. Häufig anzutreffen sind Andeutungen körperlicher Merkmale, Frisuren oder Hobbys. Diskriminierende oder verletzende Namensgebärden sind gemein und sollten nicht benutzt werden.
GebärdeTrifft man jemanden zum ersten Mal und stellt sich vor, macht man das zuerst wie oben beschrieben mit dem Fingeralphabet, damit der Gegenüber den Namen kennt. Dann folgt: "Meine Namensgebärde...". Für diesen Satz fehlt Ihnen noch die Gebärde für "Gebärde" oder "gebärden". Öffnen Sie die Hände, und spreizen Sie die Finger ab. Die Hände sind vor dem Körper, die Handflächen zeigen zueinander. Die rechte Hand ist ein wenig nach hinten versetzt, die linke nach vorne. Nun beschreiben beide Hände einen Vorwärtskreis, ähnlich wie die Füße beim Fahrrad fahren. Das Mundbild lautet "Gebärden".
Während Sie anschließend Ihre Namensgebärde ausführen, bilden Sie mit dem Mund Ihren Namen! Formen Sie nicht das Wort, das Sie gerade gebärden! Claudias Namensgebärde bedeutet zum Beispiel "klein". Ihr Mundbild ist aber: "Meine Namensgebärde Claudia."

Meine Namensgebärde ist Claudia.
Olafs Namensgebärde bedeutet "Querflöte". Er formt die Worte: "Meine Namensgebärde Olaf."
Meine Namensgebärde ist Olaf.

hörendWenn Sie mit Gehörlosen zusammenkommen, wird man Sie mit großer Wahrscheinlichkeit sehr früh im Gespräch nach Ihrem Hörstatus fragen. Je nach Ihren Gebärdenkünsten lautet die Frage dann: "Du hörend du?", "Du ertaubt du?", "Du schwerhörig du?" oder "Du gehörlos du?" (immer mit der fragenden Mimik).

Diese Einordnung ist für viele Gehörlose wichtig, denn daraus können sie ersehen, wie groß Ihr gemeinsamer Hintergrund ist. Davon hängt ab, über welche Themen man sich weiter unterhält. ertaubtGehörlose unter sich fragen einander häufig, auf welche Schule sie gegangen sind, und suchen nach gemeinsamen Bekannten. Von Hörenden möchten sie oft wissen, warum man Gebärdensprache lernt und wer der Lehrer ist (in der Hoffnung, den vielleicht zu kennen).
Das "Du" in der Frage kennen Sie schon: schwerhörigDer Zeigefinger deutet auf den Gesprächspartner. Entsprechend zeigen Sie für "Ich" in der Antwort auf sich selbst. Alle Angaben zum Hörstatus gebärdet man neben dem Ohr. Für "hörend" zieht man den Zeigefinger vom Ohr weg. "Ertaubt" wird gebärdet, indem die Hand mit Daumen und gestreckten Fingern zuschnappt. Bei "schwerhörig" schließt und öffnet sich die Faust zweimal. gehörlos"Gehörlos" beginnt mit dem Zeigefinger am Ohr, und in einem Bogen wandert er auf die Lippen.
Achtung: Diese Gebärde erinnert an das Wort "taubstumm". Diesen Begriff empfinden Gehörlose als beleidigend und diskriminierend. Sie sollten ihn nicht benutzen, sondern das Mundbild "gehörlos" formen.

Spielen wir ein bisschen "Fragen und Antworten":

Bist du ertaubt?
Ich bin gehörlos.
Bist du gehörlos?
Ich bin hörend.

Bestimmt haben Sie es gemerkt: Am Ende der Frage wird noch einmal "du" gebärdet, aber das Mundbild formt noch den zweiten Teil des Adverbs (z.B. "gehör-los"). Das sind langsam schon die Feinheiten der DGS-Grammatik. Jetzt sind Sie aber dran:

Bist du gehörlos?
Bist du hörend?

Zum Abschluss dieser Lektion noch ein kleiner Dialog ohne wortreiche Erklärungen.

Welchen Beruf hast du?
Ich bin Gebärdensprachlehrerin.
Interessant Bist du verheiratet?
Ja, ich bin verheiratet?
Hast du Kinder?
Ja, ich habe Kinder?
Bist du verheiratet?
Ja. Ich bin verheiratet.
Hast du Kinder?
Ich habe keine Kinder.

Lektion1
Mehr als nur fliegende Hände

Lektion2
Lebendige Gesichter

Lektion3
Das Fingeralphabet

Lektion4
Sich vorstellen

Lektion5
Grundelemente von Gebärden

Lektion6
Wie geht's?

Lektion7
Hin und her

Lektion8
Ein kurzer Blick zurück

Lektion9
Eine vollwertige Sprache

Lektion10
Gehörlosenkultur

Lektion11
Wo geht es weiter?

Schnupperkurs Deutsche Gebärdensprache

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